San Giminiano, Autor: LigaDue (bearbeitet)
San Giminiano, Autor: LigaDue (bearbeitet)

Ein kühler Wind treibt Regenwolken übers Land, als wir nach San Gimignano aufbrechen. Die sonst so freundliche Hügellandschaft zeigt mit einem Mal ein ganz anderes Gesicht: wild, fremd und archaisch erscheint sie uns. Die Böen, die über die Kuppen fegen, packen die Zypressen und schütteln sie hin und her. Hin und wieder gießt es in Strömen, aber zwischen den einzelnen Schauern hellt sich der Himmel auf und Sonnenstrahlen zeichnen ein faszinierendes Muster aus Licht und Schatten auf das wellige Land.

Schon von weitem erkennen wir die charakteristische Silhouette von San Gimignano. Die Skyline der Geschlechtertürme hebt sich weißgrau gegen den dunkel drohenden Himmel ab. Wie eine Festung erscheint uns das mittelalterliche Städtchen auf dem Hügel. Wir erstürmen sie – was in diesem Fall wörtlich zu verstehen ist, da ein plötzlich einsetzender Regenguss uns zwingt, die Beine in die Hand zu nehmen. Unter Torbögen und Arkaden sammelt sich die Touristenschar und wartet auf das Ende des Unwetters, das zum Glück nicht lange andauert und üppigem Sonnenschein Platz macht.

San Gimignano war im Hochmittelalter eine reiche Handelsstadt gewesen, die von ihrer Lage an der Via Francigena, der Frankenstraße, nach Rom profitierte. Die Einnahmen aus Wegezoll, Fuhrgewerbe, Gastwirtschaft, Handel und Gewerbe hatten die Stadt mit Wohlstand gesegnet, aber nicht unbedingt für inneren Frieden gesorgt. Die Türme, die ursprünglich als Schutz gegen eine eventuelle Belagerung der Stadt gebaut wurden, gerieten allmählich zu Wehranlagen einzelner wohlhabender Familien, die sich des öfteren hoch zu Turm beschossen und bekriegten. Zunehmend wurde der Turmbau auch zum Prestigeobjekt. Jede Familie versuchte, ihren Turm höher zu bauen und prächtiger auszustatten als der rivalisierende Clan, bis schließlich die Stadtväter im Interesse der Friedenswahrung eine Beschränkung der Turmhöhe durchsetzen konnten. Von den einst 72 Geschlechtertürmen existieren heute nur noch 15, aber auch diese Zahl ist noch eindrucksvoll genug.

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